Mittwoch, 5. Dezember 2012

Eine Nikolausgeschichte zum Vorlesen


Wie Nikolaus ohne Knecht Ruprecht auskam

Die Geschichte ereignete sich vor vielen, vielen Jahren. Damals war der Nikolaus wieder unterwegs wie in allen Jahren, gekleidet mit seinem roten Mantel und weißem Pelzbesatz.  Den Kopf schützte er mit seiner roten Zipfelmütze vor der eisigen Kälte. In jenem Winter kämpfte er gegen den Schneesturm, der damals besonders heftig tobte. Entschlossen stapfte er voran, hatte er doch noch viele Säckchen mit Äpfeln und Nüssen zu verteilen. Doch Nikolaus war nicht alleine unterwegs. Schließlich gab es ja den Knecht Ruprecht, der ihm die Säcke schleppte. Den Rentierschlitten hatte er auf einem großen Parkplatz abgestellt, denn in der Stadt war oft kein Durchkommen in den zahlreichen Gassen und Einbahnstraßen.
Knecht Ruprecht war zwar zum Säcke schleppen zu gebrauchen, ansonsten konnte der Nikolaus kein vernünftiges Wort mit ihm reden. Mürrisch schaute er auf seinen Weg und brummte bestenfalls, wenn ihn der Nikolaus ansprach.
Vor einem größeren Mietshaus blieb Nikolaus stehen: „Hier wohnen mehrere Kinder. Also gehen wir rein“.
Sie polterten die Treppe hinauf und die Kinder in den Wohnungen wussten schon, dass der Nikolaus im Anmarsch war. Manche versteckten sich schnell hinter ihrer Mutter, während sie die Tür öffnete. Doch das half ihnen nichts, denn die Mutter schob die beiden Kinder direkt vor den Nikolaus hin.

„Wie heißt ihr denn?“, wollte der Nikolaus mit tiefer Bass-Stimme wissen. Der ältere Bub schaute den Nikolaus mutig  an.  „Max“, verriet er, während die jüngere Schwester ganz leise wisperte: „Lisa“.

„Wart ihr auch immer brav?“, fragte der Nikolaus.
Die Kinder nickten nur. Sagen konnten sie nichts, die Angst hatte ihnen die Kehle zugeschnürt. Der Nikolaus warf einen Blick in sein goldenes Buch. „Da steht aber, dass ihr die Hausaufgaben oft sehr widerwillig gemacht habt. Einmal sogar…“, der Nikolaus erhob die Stimme, „gar nicht!“ Er schüttelte den Kopf. „Außerdem seid ihr oft unfolgsam gewesen und ihr habt den Pudel der Nachbarin geärgert.“
Lisa und Max saßen da mit gesenktem Kopf. Im Hintergrund rasselte Knecht Ruprecht gefährlich mit seinen Ketten und schwang drohend die Rute.

„Nun gut“, meinte der Nikolaus. „Wenn ihr mir jetzt ein Lied vorsingt, so will ich diesmal von einer weiteren Bestrafung absehen.“

Lisa und Max begannen sofort einzustimmen: „Lasst uns froh und munter sein…“ Sie hatten vorher geübt, weil sie schon vom letzten Jahr wussten, dass der Nikolaus meistens ein Lied hören wollte.


Tatsächlich gab sich der Nikolaus auch in diesem Jahr damit zufrieden und überreichte jetzt den beiden Kindern ein Säckchen mit Äpfeln, Nüssen und Schokolade.
Die Kinder strahlten und freuten sich, so glimpflich davongekommen zu sein, wussten sie doch, dass Knecht Ruprecht seine Rute nicht nur drohend schwang, sondern sie durchaus auch gebrauchen konnte.

Der Nikolaus und Knecht Ruprecht verabschiedeten sich unter lautem Gepolter und rauschten zur Tür hinaus.
Draußen machte Knecht Ruprecht seinem Groll Luft: „Wieso durfte ich die Kinder nicht verprügeln? Ich habe heute nicht ein einziges Mal mit der Rute zuschlagen dürfen!“

Der Nikolaus wusste, dass dieses Gespräch irgendwann kommen musste. So konnte es nicht weitergehen. Knecht Ruprecht schleppte nicht nur die Säcke, sondern er war auch für die Bestrafung der Kinder da. Doch er selber, Nikolaus, hatte einen Ruf zu verlieren. Er war doch damals in Myra ein Mann gewesen, der die Menschen liebte und ihnen deshalb Geschenke machte. Er war niemals ein Richter gewesen, der Menschen, oder gar Kinder bestrafen wollte. Das wollte er auch gar nicht sein.

Ihm gefiel diese Rolle gar nicht. Natürlich war es schön von Haus zu Haus zu gehen, um die Kinder zu beschenken, aber nicht mit einem Begleiter, der die Kinder schlug, oder gar in einen Sack steckte.

Das alles wollte der Nikolaus nicht und das sagte er jetzt: „Pass auf Knecht Ruprecht, vielleicht sollten wir lieber getrennte Wege gehen. Ich verteile meine Säckchen lieber alleine.“

Nach diesen klaren Worten ließ Nikolaus den völlig überraschten Knecht Ruprecht stehen und stapfte ohne ihn auf die nächste Tür zu.

Seitdem ist der Nikolaus alleine unterwegs, ohne Knecht Ruprecht und bringt bis heute jedes Jahr am Nikolaus-Tag den braven Kindern Süßigkeiten.

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"Geheimnisvolle Märchen", bei Weltbild, (und anderen Buchhändlern) oder Amazon
Weihnachtsmärchen
und wer die Weihnachtsgeschichte mal aus der Perspektive des Esels kennen lernen will, der sollte auf gar keinen Fall diese  Erzählung verpassen:
"Das geschah in Bethlehem" 
Auch diese ist bei Weltbild (und anderen Buchhändlern), oder Amazon  als E-Book erhältlich.
Die Weihnachtsgeschichte
 vom Esel erzählt

Mittwoch, 28. November 2012

Der Weihnachtsmann kommt


Die kleine Weihnachtselfe und der vergessene Sternenstaub


Milena war eine kleine Weihnachtselfe und sah aus wie ein wunderschöner Schmetterling, nur nicht ganz so klein und noch sehr viel schöner. Ihr fast durchsichtiges Flügelkleid schillerte in den Farben des Regenbogens und ihr langes seidiges Haar wehte im Wind wie ein hauchdünner Vorhang.

Jetzt bei der Weihnachtsvorbereitung war natürlich ausgesprochen viel zu tun. Milena nahm einen langen Stab und schwebte über viele bunte große und kleine Pakete. Alle waren mit buntem Weihnachtspapier umwickelt und mit Schleifen, oder Bändern verziert. Doch etwas fehlte noch: Der  Sternenstaub. So schön die Päckchen auch ausschauten – der Sternenstaub war das Wichtigste überhaupt, enthielt er doch für jedes Kind extra gute Wünsche für das ganze kommende Jahr.
Milena schwirrte von einem Paket zum nächsten, so wie die Bienen im Sommer von einer Blume zur anderen fliegen und über jedes einzelne Päckchen streute sie ein wenig von ihrem Sternenstaub. Sie war so sehr in ihre Tätigkeit versunken, dass sie die kleinen Glöckchen der Rentiere fast überhört hätte. Erst das tiefe Poltern des Weihnachtsmannes kündigte ihr sein Kommen an.

„Brr“, zügelte er die Rentiere. Alle stoppten sofort und der prächtige Schlitten kam zum Stehen. Noch war er leer. „Wir müssen uns beeilen“, brummte der Weihnachtsmann und sah seine Helfer der Reihe nach an. Da standen sie schon bereit: Die zarten kleinen Elfen und die  ebenfalls kleinen, aber doch sehr kräftigen Wichtel. Sie alle packten jetzt mit an, um den Schlitten mit all den Geschenken zu beladen.
Dann war es endlich soweit: Der Weihnachtsmann gab das Zeichen zur Abfahrt und mit einem kräftigen „Ho,ho,ho“ setzte sich der Rentierschlitten in Bewegung. Die Tiere brauchten jetzt all ihre Kraft. Noch war der Schlitten voll beladen und die Kinder warteten auf die Geschenke.

Doch kaum war der Weihnachtsmann hinter einer Wolke verschwunden und über den Nachthimmel unterwegs, da merkte Milena, dass sie noch immer Sternenstaub in ihrem langen Stab hatte. Das konnte nur bedeuten, dass einige der kleinen Päckchen vergessen worden waren!

„Oh nein!“, flüsterte sie erschrocken. Sie setzte sich auf einen Eisblock und weinte bitterlich.  „Was ist denn los?“ wollten die anderen Elfen und Wichtel wissen. Alle kamen herbeigelaufen, um die kleine Elfe zu trösten. „Ich habe vergessen den Sternenstaub auf allen Paketen zu verteilen“, schluchzte Milena, „Jetzt bekommen manche Kinder keine guten Wünsche für das neue Jahr!“

„Das ist schlimm“, gaben auch die anderen Wichtel und Elfen zu. Doch da hatte Wichtel Torrox eine Idee: „Wir haben doch im letzten Jahr einige Geschenke zurückbekommen. Erinnert ihr euch?“ Alle dachten angestrengt nach. „Stimmt“, warf nach einer Weile die Elfe Lilibinde ein, „ein Kind wollte keinen ferngesteuerten Hubschrauber, sondern lieber ein Smartphone. Und dieser Hubschrauber könnte dich jetzt ganz schnell zum Weihnachtsmann bringen, damit du die restlichen Geschenke noch mit Sternenstaub bestreuen kannst.“

„Die Idee ist gut“, fand Torrox. Milena wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Aber sie wusste auch nichts anderes. Also holten sie den Hubschrauber und versorgten ihn mit einer Batterie.  Bestimmt schaffst du das. Weit sind sie noch nicht, der Schlitten ist schwer und die Rentiere müssen ziemlich schuften.
„Gut“, Milena stieg vorsichtig in den Hubschrauber, der für sie genau die richtige Größe hatte. Torrox hielt die Fernbedienung und gab sie ihr. „Sei schön vorsichtig, dann hast du den Weihnachtsmann bald eingeholt und du kommst schnell wieder nach Hause.“
Die kleine Elfe nickte, strich sich entschlossen die langen Haare aus dem Gesicht und startete den Hubschrauber. Tatsächlich hob er ab und kurz darauf konnte ihn keiner der Zurückgebliebenen mehr entdecken.

Natürlich nicht, denn Milena wurde gleich von einer dicken Wolke verschluckt. Ob sie da wohl jemals wieder herausfand? Ihr kamen Zweifel und langsam sank ihr der Mut. Doch plötzlich lichtete sich der Nebel um sie herum und sie konnte direkt vor sich den Weihnachtsmann mit dem Rentierschlitten sehen. Der Schlitten nahm gerade Kurs auf eine besonders schöne Lichtung. Dort stoppte der Weihnachtsmann und legte eine wohlverdiente Pause ein.

Doch als er sich gerade zu einem Nickerchen hinlegen wollte, staunte er nicht schlecht: Milena wirbelte mit ihrem Hubschrauber direkt vor seine Füße. „Ja…was…also…“, war alles was der Weihnachtsmann dazu zu sagen hatte. So überrascht war er!
„Manchen Päckchen fehlt noch der Sternenstaub. Ich bin nämlich nicht fertig geworden!“, erklärte die Elfe mit ihrem feinen Stimmchen.

Sofort machte sich Milena an die Arbeit. Über so viel Eifer freute sich der Weihnachtsmann. Jetzt hatte es die kleine Elfe doch noch geschafft, alle Päckchen mit Sternenstaub zu bestäuben. Bestimmt werden sich die Kinder über den glitzernden Staub auf ihren Päckchen sehr freuen und dabei wissen: Das sind die guten Wünsche der kleinen Elfe!

Donnerstag, 22. November 2012

Ausgewählte Weihnachtsmärchen



Unter dem Titel "Ausgewählte Weihnachtsmärchen" habe ich einige weihnachtliche Märchen als Ebook bei Neobooks  eingestellt.
Hier erhalten Sie schon mal einen Vorgeschmack als Hörprobe!




Bei Neobooks  können Sie noch eine Leseprobe von mir lesen und das Ebook für 0,99 Euro herunterladen.

Ich freue mich auf viele Leser!

Mittwoch, 21. November 2012

Legende der Hl. Barbara


Vor langer Zeit, als die Menschen noch nicht so viel von Jesus Christus wussten und der Glaube an ihn noch recht neu war, lebte ein Mädchen in Nikomedia. Das ist ein Ort in einem Land, das von uns weit entfernt liegt. Manche waren schon mit dem Flieger dort, und zwar in der Türkei. Das Mädchen hieß Barbara und hörte von diesem Jesus. Sie staunte darüber, welche Wunder er getan hatte und wollte auch zu diesem Jesus gehören. Deshalb wurde sie Christin.

Als ihr Vater davon erfuhr, befahl er ihr wütend: „Du hältst dich fern von diesen Christen. Überhaupt will ich nichts mehr davon hören!“
Doch Barbara hatte ihren eigenen Kopf und den wusste sie zu gebrauchen. Sie ließ sich ihren Glauben nicht verbieten. Immer wieder lief sie heimlich zu den Versammlungen der anderen Christen. Sie mussten sich alle heimlich treffen, denn der Glaube war damals bei den meisten Menschen nicht gerne gesehen. Denn die Leute verehrten heidnische Götter, der christliche Gott war ihnen unbekannt und deshalb mochten sie ihn nicht.
Leider gab es viele Nachbarn in Nikomedia, die erzählten, sie hätten gesehen, dass Barbara zu den Christen gegangen wäre. „Erst gestern ist sie mit anderen, die an diesen Jesus glauben zusammen in einem Haus verschwunden.“ , tratschte eine alte Nachbarin und schaute die Mutter Barbaras vielsagend an.
Diese hörte entsetzt zu und erzählte es sofort ihrem Mann. Der Vater von Barbara lief rot an vor Wut: „Jetzt langt es! Wenn du nicht tust, was ich dir sage, dann sperre ich dich ein!“

Das war keine leere Drohung. Er packte Barbara und schleppte sie zu einem Turm. Dort schubste er das Mädchen hinein und noch bevor Barbara überhaupt begriff, was geschah, hatte er auch schon den schweren Riegel davor geschoben. Jetzt war sie gefangen!
Dumpf hörte sie die Worte ihres Vaters: „Jetzt kannst du über deine Taten nachdenken. Du kommst erst raus, wenn du wieder vernünftig geworden bist!“
Doch Barbara konnte nicht anders: Sie musste weiterhin an Jesus glauben. Auch jetzt in ihrer Not betete sie zu ihm. Sie wusste, nur Jesus konnte sie retten. Voller Vertrauen flehte sie ihn an, ihr Gebet zu erhören – und wirklich: Ihr Gebet wurde erhört! Als Barbara an dem schweren Riegel rüttelte, gab er plötzlich nach. Es gelang ihr wirklich, aus ihrem Gefängnis zu fliehen!

Allerdings wusste Barbara, dass sie jetzt nicht zurück zu ihren Eltern gehen konnte. Sie musste sich verstecken. Heimlich besuchte sie ihre Freunde. Die wussten Rat. „Barbara wir lassen dich nicht im Stich. Wir kümmern uns um dich!“, versprachen sie und zeigten ihr, wo sie sich verstecken konnte.  Da es sich bei ihren Freunden um Bergleute handelte, versteckten sie Barbara in einem Erdloch. Hier fand sie keiner, hofften sie.
Inzwischen hatte ihr Vater festgestellt, dass seine Tochter geflohen war. Sofort ließ er sie überall suchen. Irgendwann kam er auch zu den Bergleuten und leider fand er dort seine Tochter.

Stocksauer zog er sie aus dem Versteck und begann sie zu schlagen und zu foltern. „Kommst du endlich zur Vernunft? Schwörst du diesem neuen Glauben ab?“, fragte der Vater immer und immer wieder.
Doch Barbara gab keine Antwort. Sie war blutig geschlagen und zerschunden. Alles tat ihr weh. Irgendwann hatte sie gar keine Kraft mehr zu antworten. Doch ihr Vater hatte keine Gnade mit seiner Tochter.
„Schwörst du dem neuen Glauben ab?“, bohrte er wieder. Barbara schüttelte nur den Kopf.

Ihr Vater verlangte von seinen Untergebenen sein Schwert. Er zeigte es seiner Tochter, doch die blieb weiter unbeeindruckt. Da enthauptete er sie eigenhändig.
Doch die Schuld des Vaters blieb nicht ungesühnt. Er hatte das Schwert noch in der Hand, als ihn der Blitz traf und augenblicklich tötete.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Die Martinsbrezel


Martin strahlte, als die Erzieherin die Geschichte von St. Martin erzählte. Ein großer gewaltiger Held auf einem schneeweißen Hengst. Dabei hatte dieser große Mann ein ganz weiches Herz. Er war gütig, dieser Mann – und lieb und nett, das hatte die Erzieherin erzählt. So wollte Martin auch werden. Nicht umsonst war St. Martin sein Namenspatron.

Als die Mama ihn später im Kindergarten abholte, konnte er gar nichts mehr anderes denken, als an das bevorstehende St-Martins-Fest.
„Wann gehen wir los?“, quengelte Martin und war noch nicht mal richtig daheim. „Erst wenn es dunkel ist“, erklärte die Mama. „Sonst sieht doch keiner was wir für schöne Laternen haben.“

Ach ja richtig, die Laternen. Die waren wichtig, sie hatten schließlich lange daran gebastelt. Doch wann war es endlich dunkel? „Wir können ja noch ein wenig die Lieder üben“, schlug die Mama vor. Gute Idee. Sie sangen bis sie heiser waren.

Dann wurde es allmählich dämmrig. „Es ist soweit“. Die Mama holte die Jacke. Martin schlüpfte aufgeregt hinein. Schnell noch in die Schuhe. Wenn nur die doofen Bänder nicht wären. Aber Mama half ihm. Dann ging’s auch schon nach draußen. Zwei Straßen weiter zum Kindergarten. Dort versammelten sich die Kinder samt den Erziehern. Alle hatten ihre Laternen mitgebracht. Auch Martin. Aufgeregt trat er von einem Bein aufs andere. Dann ging es endlich los. Der Zug setzte sich in Bewegung.

„St. Martin ritt durch Schnee und Wind…“, sangen die Kinder und „Ich geh mit meiner Laterne…“ Die Lieder klangen fröhlich durch die dunklen Gassen. Dann kamen sie an einen weiten Platz. Martin staunte. „Schau mal…“ Vor lauter Aufregung brachte er den Satz nicht zu Ende. Dort saß auf einem weißen Schimmel St. Martin höchstpersönlich.

Die Kinder stellten sich im Kreis auf und sangen noch einmal ein Martinslied. St. Martin nickte huldvoll vom Pferd und Martin war es, als würde er nur ihn ansehen. Am liebsten wäre er zu ihm auf das Pferd geklettert. Doch die Mutter hielt ihn zurück. Eine Erzieherin erzählte die St-Martins-Geschichte. Danach verteilte der St. Martin an jedes Kind eine Martinsbrezel. Andächtig hielt Martin seine Breze in der Hand. Doch einigen Kindern ging die Verteilung nicht schnell genug und sie drängten nach vorne. 

 Dabei verlor ein anderes Kind seine Breze, die im dichten Gedränge schnell in den Staub getreten wurde. Die kleine Lisa fing heftig an zu weinen und ließ sich auch von ihrer Mutter nicht trösten. „Meine Breze, meine Breze!“, heulte sie.

In diesem Augenblick fiel Martin ein, was der St. Martin getan hatte. Nämlich seinen Mantel geteilt. Er warf einen sehnsüchtigen Blick auf seine Breze. Doch dann brach er sie entzwei und gab die Hälfte der weinenden Lisa. Sie hörte sofort mit dem Weinen auf. Vorsichtig schaute sie auf die Breze. „Nimm schon“, forderte Martin sie auf. Da strahlte Lisa wieder und biss herzhaft in die Brezel.

Und wer sich jetzt schon auf Weihnachten freut und mal wissen will, was eigentlich der Esel aus der Weihnachtsgeschichte so zu berichten hat, der interessiert sich bestimmt hierfür!

Dienstag, 4. September 2012

Der Herbstapfel


Der kleine Apfel hing schon lange in seinem Baum, jedenfalls solange er denken konnte – und das musste ewig sein.

So hing er am Baum und schaukelte im Wind hin und her, mal ganz sachte, dann wieder stark und stärker. So heftig wie der Wind eben blies. Der kleine Apfel mochte es anfangs gar nicht, wenn der Wind so heftig an ihm zerrte und zog. Doch inzwischen genoss er das wilde Treiben in vollen Zügen.

Aber es gefiel ihm auch, wenn die Sonne vom blauen Himmel schien und er von der Sonne gewärmt wurde. Staunend stellte er fest, dass seine Farbe sich allmählich von Grün zu Rot verändert hatte. „Steht mir gut!“, dachte er stolz und reckte sich ein wenig. Seine Brüder und Schwestern sollten ruhig sehen, was für ein ansehnlicher Apfel  er geworden war.

Eines Tages kamen Paul und Lena in den Garten. Sie spielten fangen und verstecken. Als Paul sich hinter dem Apfelbaum versteckte, bemerkte er erst wie schön saftig die Äpfel inzwischen aussahen. Er ließ sich von Lena finden. Jetzt hatte er keine Lust mehr zum Versteckspiel. Stattdessen wollte er Äpfel ernten. „Schau mal Lena. Wir pflücken die Äpfel, dann kann die Mama Apfelkuchen backen.“ „Au ja“, freute sich Lena. „Gute Idee.“ In der Scheune stand ein Korb. Den holte sich Lena schnell.

Doch die beiden Kinder merkten rasch, wie hoch die Äste mit den verlockenden Äpfeln hingen. Sie reckten und streckten sich. Aber die Äpfel waren nicht bereit, sich einfach abpflücken zu lassen. „Warte Lena!“, rief Paul. „Ich heb dich hoch. Dann kommst du besser an die Äpfel ran.“ Sofort hob er seine Schwester ein Stück an. Tatsächlich konnte Lena einen Apfel erwischen. „Ich hab einen!“, rief sie stolz. Die Geschwister wiederholten das Ganze zweimal. Dann hatte Paul keine Kraft mehr. „Puh bist du schwer!“, stöhnte er. Lena grinste. „Ich hab ne bessere Idee! Wir holen eine Leiter!“ Sie rannte zur Scheune und holte eine Leiter heraus. Mühsam schleppte sie diese zum Baum. „Jetzt können wir ernten!“, strahlte Lena. Paul kraxelte sofort nach oben. Doch die Kinder hatten nicht aufgepasst. Die Leiter stand schief und Paul kam nicht weit. Die Leiter wackelte und schwupps di wuppps – lag Paul auf dem Boden. Zum Glück war er nicht sehr tief gefallen. Darum hatte er nur ein paar blaue Flecken abbekommen.  Doch beiden Kindern war der Schreck in die Glieder gefahren. Paul verdrückte sich ein paar Schmerzenstränen. „Aua!“, jammerte er.

Das sah der kleine Apfel. Er mochte es gar nicht, wenn jemand traurig war. Deshalb wollte er die Kinder trösten. Er ruckelte an seinem Ast hin und her, schwang rauf und runter, nahm Anlauf und purzelte im hohen Bogen direkt hinein in den Korb von Lena und Paul. „Hast du das gesehen!“, freute sich Lena. „Schau mal der Apfel ist von selbst in unseren Korb gesprungen!“ Paul nickte. „Das glaubt uns keiner!“ Schon  rappelte er sich munter wieder auf. Die blauen Flecke hatte er vergessen. „Das ist aber ein besonders schöner Apfel!“ Paul schaute sich den kleinen Apfel von allen Seiten an. „Weißt du was, den teilen wir uns auf den Schreck!“ Lena nickte. Schnell räumten sie die Leiter wieder auf und gingen zusammen ins Haus. Dort aßen sie mit viel Genuss den kleinen Apfel.

Montag, 20. August 2012

Der kleine Sperling


Der kleine Sperling flog hoch über das gelbe Sonnenblumenfeld hinweg. Gleichgültig schaute er einer Feder hinterher, die sich eben erst aus seinem Federkleid gelöst hatte. Es war nicht die erste, die der Vogel verlor.
Die Feder schwebte gleichmäßig dahin. Über dem goldenen Reichtum der Sonnenblumen schien sie still zu stehen.
Der kleine Spatz sah wie die Feder ohne jeden Schwung über den Sonnenblumen mitten im Himmel hing. Eigentlich wollte er nach Insekten jagen. Doch er war schon satt. Deshalb beschloss er, lieber nachzuschauen, wohin die Feder wohl flog. „Na warte“, piepste er. „Ich hol dich wieder ein!“
Wie ein Pfeil schoss er in die Richtung der schwebenden Feder. Doch dort war sie nicht mehr. „Nanu?“, wunderte sich der Vogel. Als hätte die Feder seine Absicht erkannt, ließ sie sich vom Wind höher und höher blasen und war jetzt hoch oben über dem Spatz direkt unter den Wolken.  Der Sperling konnte die Feder gar nicht mehr richtig erkennen. Die Sonne blendete ihn. Darum verfehlte er sie wieder. Noch ein paarmal versuchte er, die Feder zu erhaschen. Doch dann gab er auf. Er war müde geworden und hatte keine Lust mehr auf dieses Spiel. Stattdessen flog der kleine Spatz hinunter auf die Erde und beschloss ein schönes Sandbad zu nehmen. Ein wenig versteckt hinter dem Sonnenblumenfeld suchte er sich eine geeignete Stelle aus und häufte mit seinem Schnabel lockere Erde an. „Ach ist das schön!“, freute er sich und hüpfte direkt hinein in den frisch geschaufelten Sand. Er wälzte und drehte sich und spürte die Körner in seinem Gefieder. So fühlte er sich wohl! Doch so versteckt wie der kleine Sperling glaubte, war das Plätzchen nicht. Denn eine Katze trieb sich dort herum. Auf leisen Pfoten schlich sie sich heran. Plötzlich verhüllte sie die Sonne und warf ihren Schatten auf den Spatz. Erschrocken schaute der kleine Vogel auf, direkt in die glühenden Katzenaugen. „Huch“, piepste er und wollte flugs mit den Flügeln schlagen, um sich aus dem Staub zu machen. Doch eben dieser Staub verhinderte jetzt, dass er sich ganz schnell in die Luft erheben konnte. Schwer hingen die Flügel herab. Der kleine Sperling musste erst mehrmals heftig mit den Flügeln schlagen, um die kleinen Sandkörner abzuschütteln, die jetzt wie Regentropfen auf ihn herabrieselten. Eine  dichte Staubwolke umhüllte den Spatz. Die Katze war schon im Sprung. Doch wegen dem aufgewirbelten Staub bekam sie einen tüchtigen Niesanfall.  „Hatschi, hatschi!“, nieste sie und verfehlte den kleinen Spatz.
Das war knapp. Der Sperling schüttelte sich noch einmal und flüchtete blitzschnell in die Luft. Dort verspottete er die Katze: „Ätsch, bätsch, du kriegst mich nicht!“
Enttäuscht wandte sich die Katze ab und suchte anderswo nach Futter. Doch der Spatz flog weiter quer über den Himmel und freute sich über den strahlenden Sonnenschein.  

Freitag, 17. August 2012

Der Jammerlappen


Jan ist ein süßes Kleinkind mit Pausbäckchen, Grübchen in den Wangen und einem dreieckigen Kinn. Mit seinen knuffigen Patschhändchen langt er nach seiner Tasse. Er verfehlt sie knapp, der Plastikbecher rutscht von der Kante und das Wasser ergießt sich über Jan. Der kleine Kerl erschrickt, schnappt nach Luft und fängt sofort empört das Schreien an.
Die Mama rennt herbei, nimmt ihr Baby auf und tröstet es. „Ist nicht schlimm, ist ja nur Wasser!“

Doch Jan findet es schlimm. „Wasser böse!“, protestiert er lautstark. „Nein“, widerspricht die Mama. „Das Wasser ist nicht böse. Du hast die Tasse umgestoßen. Aber es ist ja nichts passiert.“

Allmählich beruhigt sich Jan wieder. Die Mama setzt ihn auf den Boden. Dort robbt er zu seiner Spielkiste. Bevor er nach seinem Lieblingsspielzeug greifen kann, rutscht er aus und schlägt mit dem Kopf auf die Kante der Spielkiste. Noch ehe Jan begreift was passiert ist, läuft eine klebrige, rote Flüssigkeit über seine Stirn in seine Augen. Zur Vorsicht brüllt Jan aus Leibeskräften. Er kennt das ja nicht. Der Schmerz wäre noch zu ertragen, aber dieses rote Zeugs soll sofort verschwinden.

Besorgt kommt die Mama an. Sie hat einen nassen Waschlappen dabei und tupft ihm vorsichtig die rote Flüssigkeit aus dem Gesicht. Dann legt sie ihm einen anderen Waschlappen auf die Stirn. „Damit du keine Beule bekommst“, erklärt sie ihm.

Aber Jan hört sie kaum, denn er ist immer noch mit Schreien beschäftigt. Nach einer Weile wird das langweilig und er hört damit auf.
Zeit wieder auf Erkundungstour zu gehen. Diesmal entschließt er sich, ein paar Schritte zu laufen. Das hat er gerade erst gelernt. Deshalb probiert er es wieder.  Er hält sich am Tisch fest und läuft darum herum. Das macht Spaß. Er läuft wieder herum und noch einmal. Dann wird er langsam mutig. Er lässt den Tisch los und tappst auf unsicheren Beinchen durch das Zimmer. Ein Schritt, noch einer und noch einer. Dann plumps, sitzt er auf seinem Hintern. Das dicke Windelpaket sorgt dafür, dass er weich fällt. Trotzdem fängt Jan an zu schreien, als wäre er aus zehn Metern Höhe auf hartes Pflaster gefallen. Diesmal tröstet ihn die Mutter nicht. „Stell dich nicht so an.“, meint sie nur. „Wer fällt, muss auch wieder aufstehen!“

Für Jan ist das ein Grund noch mehr zu schreien. Er schreit und schreit. Dabei bleibt er auf dem Boden liegen. Aufstehen will er auch nicht. Er schreit solange bis er eingeschlafen ist.  

Im Traum steht auf einmal eine Puppe vor ihm, die ein Kleid aus lauter Lappen trägt. „Wer bist du denn?“, fragt Jan verwundert. „Ich bin der Jammerlappen“, antwortet die Puppe.
„Komischer Name“, sagt Jan und reibt mürrisch seine Nase, die ihm jetzt weh tut, weil er darauf liegt. Er schaut sich die Puppe genauer an. Sie hat ein wirklich sonderbares Kleid an. So ein Kleid hat Jan noch nie gesehen. Die einzelnen Teile sehen aus wie Spüllappen. Solche Lappen kennt Jan schon, weil die Mama sie zum Spülen verwendet. „Ja schau mich nur an“, sagt der Jammerlappen. „Immer wenn du jammerst und schreist, bekomme ich einen neuen Lappen. Aber der ist nicht schön, sondern nass und voller Tränen.“ „Wieso denn das?“, wunderte sich Jan. „Na, einer muss doch deine Tränen aufsaugen, sonst sind die überall und irgendjemand könnte in den Pfützen ausrutschen.“ Das leuchtete Jan ein. „Ach so.“, sagte er bloß. „Du schaust wirklich komisch aus.“, stellte Jan fest.

 „Dann tu was dagegen.“, forderte ihn der Jammerlappen auf. „Aber was?“, Jan fing an zu heulen. „Ich bin doch nur ein kleines Baby, das gar nichts tun kann.“

„Doch“, widerspricht ihm da der Jammerlappen. „Du kannst mit deinem Geschrei aufhören. Schreien nützt niemanden was. Es macht nur traurig. Deshalb sei lieber fröhlich. Dadurch wird mein Kleid wieder schön.“ „Ehrlich?“, wundert sich Jan. „Ehrlich!“, bekräftigt da der Jammerlappen. 

Wenig später wacht Jan auf, seine Puppe hält er im Arm. Das Jammerkleid war verschwunden, stattdessen hat die Puppe ein wunderschönes Kleid an, noch ein wenig nass von Jans Tränen aber trotzdem wunderschön und keinesfalls aus Lumpen. Nein, stellt Jan da fest, einen Jammerlappen braucht wirklich niemand.