Freitag, 15. März 2013

Asinia, die Eselsfrau erzählt vom Palmsonntag


Es geschah an einem Tag, der eigentlich genauso anfing, wie alle anderen. Ich war schon ziemlich alt und mein Besitzer ließ mich oft genug spüren, dass ich zu nichts mehr nütze war. Jedenfalls seiner Meinung nach.

Trotzdem musste ich Tag für Tag schwere Säcke schleppen. Auch an dem Tag, von dem ich jetzt erzählen will. Mein Besitzer und ich wühlten uns durch das Gedränge, das wieder einmal in Jerusalem herrschte. Viele Menschen waren unterwegs. Sie kamen teilweise von weit her und wollten zum Tempel, denn in wenigen Tagen wollten die Menschen das Passah feiern. Ich kann zwar mit dem Fest nichts anfangen, aber ich weiß, dass es die Menschen an ihren Auszug aus Ägypten erinnert. Zum Gedenken an dieses Ereignis veranstalteten sie jedes Jahr dieses Fest. Doch mir war das egal, ich wollte nur möglichst schnell wieder zurück in meinen Stall.

Eigentlich war es gar nicht mehr weit. Da teilte sich auf einmal die Menge und ein Mann kam direkt auf mich zu. Irgendwie erinnerte er mich an jemanden. Aber mein armes Eselshirn kam nicht drauf. Stattdessen blieb ich stocksteif stehen und starrte ihn an. Mein Besitzer fand das gar nicht lustig und wollte mich mit Schlägen zum Weitergehen antreiben. Empört schrie ich „Iaa, iaaa!“ Doch er schlug mich weiter und immer weiter.
Da fiel ihm jener Mann in den Arm, nahm ihm den Stock aus der Hand und meinte: „Lass doch das arme Tier in Ruhe. Es ist nur erschrocken.“  Mein Besitzer wurde wütend. „Was fällt dir ein!“, schrie er den anderen an. Doch der lächelte nur, gab ihm den Stock zurück und entgegnete. „Bruder, ich wollte dir nichts Böses. Aber ich brauche ein Reittier. Verkaufe mir deinen Esel.“

Ich traute meinen Ohren nicht. Wusste dieser Mensch nicht, dass ich alt war? Und wenn ich alt sage, meine ich alt. Uralt! Für meinen Besitzer war das die Gelegenheit, mich loszuwerden und auch noch Geld dafür zu kriegen. Natürlich ließ er sich diese Möglichkeit nicht entgehen.

„Aber das wird teuer“, begann er zu handeln. Doch der andere, der mit seinen Freunden unterwegs war, handelte nicht. Stattdessen winkte er einen seiner Freunde und sagte nur: „Gib ihm, was er verlangt.“ Dann nahm er mir meine Lasten ab und legte sie vor meinem Besitzer hin. Das heißt meinem vorherigen Besitzer, denn jetzt gehörte ich -,  ja wem eigentlich.

 Doch da hörte ich, wie seine Freunde ihn nannten: „Jesus“. Plötzlich fiel es meinem Eselshirn wieder ein: So nannte doch Maria ihren Sohn! Damals war ich bei seiner Geburt dabei! Na so etwas! Ich erinnerte mich. Leider brauchte die Familie später keinen Esel mehr und deshalb gelangte ich über viele Umwege nach Jerusalem. Doch jetzt sah ich ihn wieder: Diesen Jesus.

Der stieg jetzt auf meinen Rücken und ließ sich von mir durch Jerusalem tragen. Mir war auf einmal klar, dass dieser Jesus ein großer Herr sein musste. Ich erinnerte mich wieder an die Botschaft, die der Engel den Hirten gebracht hatte:  „Euch ist heute der Heiland geboren!“  Ich begriff den Satz zwar noch immer nicht, aber ich wusste: Dieser Jesus ist ein ganz Besonderer. Die Menschen in Jerusalem spürten es auch.  Denn alle, denen wir begegneten schwenkten Palmzweige und schrien: „Hosianna!“ Sie jubelten ihm zu und waren außer sich vor Glück, weil sie Jesus sehen konnten. Genau wie ich selbst. Denn noch niemals hatte ich mich so gefreut wie an diesem Tag. Ich fühlte mich auserwählt, denn ich trug jemand, der für diese Welt wichtig war. Das wusste sogar ich mit meinem Eselshirn. 

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