Freitag, 31. Mai 2013

Die kleine Amsel

„Mama“! piepste der kleine Vogel. Es hörte sich an wie „tschilp, tschilp“, ein klein wenig verzweifelt, denn das winzige Federbündel fühlte sich ganz alleine auf der Welt. Wo war sie nur hin verschwunden? Gerade eben saß sie doch noch ganz in der Nähe im Gebüsch? Dabei riss der Wind gar so heftig an den grünen Blättern. 

Doch das Nest der kleinen Amsel war gut geschützt und lag versteckt in einer grünen Hecke. Die Amselmama hatte ein wirklich stabiles Nest gebaut. Dabei war ihr einiges an Abfallmaterial des nebenan liegenden Rohbaus gerade recht gekommen. Sie hatte nicht nur Folienstücke, sondern auch Schnüre mitverarbeitet. 




Aber was nützte dem kleinen Vogel das schöne weiche Nest, wenn die Mama ihn alleine gelassen hatte? Gerade jetzt öffnete der Himmel seinen grauen großen Wolkenbehälter und schüttete den gesamten Inhalt über der Erde aus. Der kleine Vogel machte sich noch kleiner. Der Regen konnte unbarmherzig sein. Auch wenn das Nest inmitten der Blätter gut versteckt lag, so war der Regen doch so stark, dass der Vogel seine Nässe unangenehm zu spüren bekam. 

Inzwischen waren auch seine Geschwister aufgewacht. Die hatten glatt verschlafen, dass die Mama sich auf und davon gemacht hatte. Doch jetzt spürten auch sie den starken Regen und rückten ganz eng zusammen. 

Alle fünf beschlossen, miteinander ganz laut nach der Mama zu rufen. Deshalb rissen sie gemeinsam ihre Schnäbel weit auf und schrien „Mama“. Das war ein lautes „Tschilp, tschilp“. Trotzdem ließ sich Mutter Vogel nicht sehen. 

Die Amselkinder weinten und schrien. Doch endlich hatte der Himmel ein Einsehen und verschloss seine Wolkengießkannen wieder. Sogar ein klein wenig Blau blitzte auf. Da schoss auf einmal die Amselmama herbei. Sie hatte auch was mitgebracht. Denn sie hatte auf der Lauer gelegen und auf die Regenwürmer gewartet. Es hatte sich gelohnt und jetzt gab es ein Festmahl. 

Da kam auch der Amselpapa. Auch er hatte Futter dabei. Die Amseleltern fütterten ihre hungrigen Amselbabys. Da freute sich der kleine Vogel. „Mama“, tschilpte er wieder. Diesmal klang es sehr zufrieden. Beim nächsten Mal würde er die Mama beim Fliegen begleiten. Denn er war doch schon sooo groß.