Freitag, 28. November 2014

Das stumme Mädchen und die Schneeflocke

Melina war ein kleines Mädchen. Trotz ihres jungen Lebens hatte sie mehr schlimme Dinge erfahren, wie mancher, der ein langes Leben hinter sich hat. Ihren Vater kannte sie nicht. Die Mutter hatte ihre kleine Tochter zwar sehr lieb, aber sie kümmerte sich kaum um sie. Egal ob Melina essen wollte, ob sie fror, oder Trost brauchte, immer wurde sie von der Mutter weg geschoben. Geregelte Essenszeiten kannte Melina nicht. Sie bekam nur unregelmäßig mal mehr, mal weniger zu essen. Oft vergaß die Mutter ganz einfach, dass es sie überhaupt gab. Denn die Mutter nahm Drogen. Deshalb kannte Melina ihre Mama meist als eine Frau, die nicht angesprochen werden konnte.
Darum redete Melina nicht mit ihrer Mama. Sie hatte sich angewöhnt, auch mit anderen nicht zu reden. Stumm sein, schien ihr die beste Möglichkeit, mit den Anforderungen der Welt zurechtzukommen.
Als sich das Jahr langsam wieder neigte und es wie jedes Jahr auf Weihnachten zuging, erklärte die Mutter ihrer Tochter, dass Weihnachten ausfallen müsste. Melina verstand nicht, was die Mutter damit meinte. Aber sie ahnte, dass sie wohl keine Weihnachtsgeschenke bekommen würde. Als Melina dann wieder einmal alleine zu Hause war, saß sie in der winzigen Küche am Fenster und sah hinaus wie weiße, große Flocken wie feiner Staubregen zur Erde wirbelten. Melina stellte sich vor, die Schneeflocken wären kleine verzauberte Prinzessinnen in wunderschönen weißen Kleidern.  Sie malte sich aus wie es wäre, wenn eine dieser Prinzessinnen mit ihr befreundet sein wollte. Wie von selbst öffnete Melina das Fenster und streckte ihre kleinen Hände hinaus. Sie spürte die bittere Kälte nicht. Stattdessen freute sie sich über die Schneeflocken, die ihre Hände berührten. Da geschah es, dass eine besonders große Flocke auf der Hand sitzen blieb, ohne zu schmelzen. Melina wartete eine Weile, doch nichts geschah. Die Schneeflocke blieb wo sie war. Da zog Melina ihre Hand samt der Schneeflocke hinein in die warme Stube. Sie schloss das Fenster und betrachtete die Schneeflocke. Statt zu schmelzen verwandelte sich die Flocke auf einmal in ein winziges bezauberndes Wesen, mit langen, hell schimmernden Haaren und einem brautähnlichen weißen Kleid. Sie hatte durchaus Ähnlichkeit mit einer wunderschönen Braut. Melina war so baff, dass sie vergaß, dass sie eigentlich schon lange nicht mehr sprach. Sie fragte das bezaubernde Geschöpf: „Wer bist du denn?“ „Ich bin eine Schneeflocke und heiße Finia“. „Und wieso schmilzt du dann nicht?“, wollte Melina wissen. „Weil ich keine gewöhnliche Schneeflocke bin.“, flüsterte Finia geheimnisvoll. „Ich bin eine Zauberflocke“. „Aha“, macht Melina. „Was zauberst du denn so?“ Finia lachte. Es klang wie das Geläut eines winzigen silberhellen Glöckchens. „Ich verzaubere Kinder.“ Vor lauter Schreck hätte Melina die Schneeflocke beinahe fallen gelassen. „Keine Angst“, beruhigte sie Finia schnell. „Ich tu dir schon nichts. Ganz im Gegenteil: Ich helfe dir“. Melina seufzte. „Wie willst du das denn machen?“ Filinia gluckste wieder. „Du wirst schon sehen.“, versprach sie. „Auf jeden Fall will ich deine Freundin sein. Willst du das?“ „Au ja“, freute sich Melina. „Eine Freundin wäre fein.“
Plötzlich hörte Melina wie ihre Mutter zurückkam. „Schnell, lass mich wieder nach draußen“, bat Finia da. „Aber dann bist du wieder fort und ich seh dich nie wieder“, warf Melina ein. „Hab keine Angst“, meinte Finia, „ich komme wieder. Du musst nur achtgeben, wenn es wieder schneit. Dann bin ich wieder unter den Flocken.“ Melina seufzte. Dann machte sie das, was die Schneeflocke von ihr verlangte. Sie öffnete das Fenster und schnippte sie nach draußen. Keine Sekunde zu früh. Denn schon stand ihre Mutter in der Tür. Sie hatte diesmal keine Drogen genommen. „Mama“, sagte Melina. Sie merkte gar nicht, dass sie noch immer redete und ganz vergessen hatte, wieder so stumm wie sonst zu sein. Vor lauter Überraschung blieb die Mutter wie angewurzelt stehen. Dann nahm sie Melina in die Arme. „Meine Kleine“, freute sie sich. „Du kannst ja reden.“

Die Mutter war so glücklich, dass sie schwor, von nun an keine Drogen mehr zu nehmen. Daran hielt sie sich auch. Stattdessen bekam Melina an diesem Weihnachtsfest doch noch ein Geschenk und eine Mama, die sich von nun an immer um sie kümmerte. Und manchmal, wenn es schneite, stand Melina am Fenster und schaute in den Flockenwirbel. Sie wusste, dass sie da draußen eine Freundin hatte, die es sehr gut mit ihr meinte.


Dienstag, 11. November 2014

Maria, die Mutter Jesus - Eine Vorlesegeschichte für Kinder

Maria
Maria war noch ganz klein, als sie von ihren Eltern in den Tempel gebracht wurde, wo ihre Eltern sie Gott weihten. Das Mädchen hatte dunkle schön glänzende lockige Haare und große braune Augen mit denen sie neugierig in die Welt schaute. Sie wollte alles genau wissen und interessierte sich schon früh dafür, was um sie herum passierte und wie Gott sich um ihr Volk kümmerte. Maria war Israelitin und gehörte zu dem Volk, das von Gott auserwählt wurde. Jahrhunderte vorher hatte Gott den Abraham berufen und ihn in ein verheißenes Land geführt. Abraham bekam Kinder und Enkel, die ihrerseits wieder Kinder und Enkel bekamen. Und Maria war eine Nachfahrin von Abraham und zählte deshalb zum Volk Israel.
Darum unterrichtete man sie von klein auf in dem, was Gott mit ihren Vorfahren getan und wie Gott das Volk in all den Jahrhunderten geleitet hatte. Sie erfuhr auch bald davon, dass ihr ganzes Volk auf den Messias wartete. Sobald sie davon hörte, bekam sie eine große Sehnsucht nach dem Messias. „Wann kommt der Messias?“, fragte Maria ihre Mutter. Anna lachte über ihre kindlichen Fragen, aber sie nahm ihre Tochter auch sehr ernst. Deshalb antwortete sie ihr: „Maria, wir wissen leider nicht, wann der Messias genau kommt. Aber wir sind alle sicher, dass seine Ankunft unmittelbar bevorsteht. Bestimmt kommt er bald!“
Anna gab damit das Wissen an ihre Tochter weiter, das sie selbst besaß. Alle Israeliten glaubten an die baldige Ankunft des Messias. Für Anna war es wichtig, ihrer Tochter frühzeitig den Glauben an Gott zu vermitteln. Trotzdem wollte sie auch, dass Maria spielte und sich so richtig austobte. Sie musste sowieso von klein auf mit anpacken und mithelfen. Damals konnten Kinder nur selten spielen. Sie arbeiteten genauso wie die Erwachsenen. Manche Kinder sogar viel mehr. Doch die Eltern von Maria achteten darauf, dass sich ihre Tochter nicht überanstrengte. Maria war das lang ersehnte Wunschkind von Joachim und Anna. Deshalb wachten sie über sie und ließen nichts auf sie kommen. Maria war ihr Augenstern. Darum hatte Maria auch immer wieder Zeit, um mit anderen Kindern aus dem Dorf zusammen am Bach zu spielen, Steine zu sammeln, sich zu verstecken, oder die Römer zu nachzumachen, die immer wieder im Dorf herumlungerten. Das gehörte zu ihren Lieblingsspielen. Wann immer sie Zeit hatte, suchte sie ihre Freundin Rahel und gemeinsam versteckten sie sich im Schatten eines Hauses um von dort aus, die Römer zu beobachten. Sie ahmten deren Sprache, ihre Gesten und ihr Auftreten nach. Dabei lachten sie sich dann aus vollem Herzen kaputt. Die Römer waren diejenigen, die das jüdische Volk unterdrückten. Deshalb fanden es die Kinder befreiend, wenn sie sich über die Römer lustig machen konnten. Erwischen durften sie sich dabei natürlich nicht lassen. Aber genau das machte den Reiz des Spiels aus.
So wuchs Maria behütet und beschützt langsam zu einer jungen Frau heran. Dann musste sie schon in jungen Jahren einen Schicksalsschlag hinnehmen: Ihr geliebter Vater wurde schwer krank. Er musste lange das Bett hüten und konnte nicht mehr aufstehen. Eines Tages lag er tot im Bett. Maria war sehr traurig. Noch trauriger war natürlich Anna, ihre Mutter. Doch das Leben ging weiter.
Maria entwickelte sich zu einem hübschen jungen Mädchen und Anna machte sich Gedanken über die Zukunft ihrer Tochter. Sie sagte sich: „Langsam wird es Zeit, dass wieder ein Mann ins Haus kommt. Am besten wird sein, wenn  Maria heiratet.“  Damals heirateten die jungen Frauen früh. Anna fragte im Bekanntenkreis und hörte von Josef. Sie hätte ihn sich gut als Schwiegersohn vorstellen können. Anna fädelte noch die Verlobung von Maria und Josef ein. Doch dann wurde auch sie krank und starb.
So waren Maria und Josef schließlich verlobt, aber noch nicht verheiratet. Mit der Heirat wollten sie sich noch ein wenig Zeit lassen. Immerhin war Marias Mutter erst gestorben. Maria trauerte um ihre Mutter. Jetzt war sie Vollwaise. Josef tröstete sie: „Du hast doch jetzt mich“. Trotzdem zog sich Maria manchmal ganz alleine zurück und weinte ein Taschentuch nach dem anderen voll. Einfach, weil sie sich ganz alleine gelassen fühlte. Sie war ja noch so jung und so alleine. Doch es tat ihr gut, dass Josef da war. Eines Tages als sie gerade ihr Heim gründlich sauber machte und sie mit dem Besen in alle Ecken fuhr, da war es plötzlich ganz hell in ihrer düsteren Hütte. Maria sah irritiert auf und stand einem Wesen gegenüber, wie sie noch nie eines gesehen hatte. Die Gestalt war hell wie Sonnenlicht, hatte Flügel und ein strahlendes Gesicht. Maria konnte gar nicht richtig hinschauen, so sehr fühlte sie sich geblendet. Obwohl sie das Wesen noch nie vorher gesehen hatte, wusste sie sofort, dass sie einen Engel vor sich hatte. Diese Annahme wurde auch gleich bestätigt, als der Engel mit ihr sprach:
„Gegrüßet seist du, Maria! Der HERR ist mit dir, du Gesegnete unter den Frauen!“ Jetzt bekam es Maria doch ein wenig mit der Angst zu tun. „Was redete der denn da?“ Sie verstand das nicht, schließlich war sie nicht gesegnet, sondern nur ein einfaches Mädchen. „Maria, ich bin der Engel Gabriel“, stellte sich der Engel vor. „Ich habe einen Auftrag für dich.“
„Wie, einen Auftrag?“ Maria war nun doch sehr überrascht.
„Du sollst ein Baby bekommen.“
Schön, dachte Maria. Ich werde heiraten, aber das weiß ich schon. Der Engel sah, dass sie ihn nicht verstand.
„Du sollst ein Baby bekommen.“, wiederholte er noch einmal.
„Du meinst…obwohl ich nicht verheiratet bin?“, fragte Maria erstaunt.
Der Engel nickte. „Jetzt hast du verstanden.“
Maria schaute ihn ungläubig an. Ihre schwarzen Augen wurden kugelrund und noch größer. „Wie soll das denn funktionieren?“
„Gott selbst wird dafür sorgen. Es ist ein Wunder!“, verriet ihr der Engel.
Maria verstand auf einmal, dass Gott selbst einen besonderen Auftrag für sie hat. Da wurde ihr ganz warm und leicht ums Herz. Sie nickte heftig.
„Doch ja, das will ich tun. Ich bin eine Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinen Worten.“, erklärte sie dem Engel.
Gabriel hatte seinen Auftrag erledigt und verließ sie wieder.
Als der Engel weg und Maria wieder allein war, wurde ihr langsam klar, dass eine unglaubliche Aufgabe vor ihr lag. Das begann schon damit, dass sie Josef vom Auftrag des Engels erzählen musste.
Obwohl Josef ein sehr sympathischer und verständnisvoller junger Mann war, reagierte er alles andere als verständnisvoll, als Maria ihm von ihrer Schwangerschaft erzählte. „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen!“, war noch die harmloseste Anschuldigung, die er Maria entgegenschleuderte. Josef glaubte nämlich, dass sich Maria mit einem anderen Mann eingelassen hätte. Marias Beteuerungen nahm er überhaupt nicht zur Kenntnis. Er glaubte ihr einfach nicht. Stattdessen ließ er sie einfach alleine und verschwand, ohne sich zu verabschieden. Doch der Engel Gabriel hatte die Aufgabe, auch mit Josef zu reden. Deshalb erschien er auch ihm und erklärte ihm Marias Auftrag.
Dem Engel glaubte er schließlich. Deshalb kehrte Josef wieder zu Maria zurück. Maria war natürlich überglücklich, obwohl sie die Zwischenzeit gut genutzt hatte. Als Josef grußlos aus dem Haus gestürmt war, hatte Maria beschlossen, ihre Cousine Elisabeth zu besuchen. Denn sie hatte Lust, jemand von ihrer Schwangerschaft zu erzählen und Elisabeth war eine Verwandte ihrer Mutter. Deshalb machte sie sich auf den Weg zu ihrer Verwandten. Elisabeth war ebenfalls schwanger. Als sie Maria kommen sah, fing Elisabeths Baby in ihrem Bauch das Strampeln an und Elisabeth wusste, dass mit Maria etwas Besonderes los war. Das sagte sie auch gleich und grüßte Maria mit einem besonderen Gruß.
Doch Maria blieb bescheiden, war sie doch trotz allem nur ein unbedeutendes Mädchen. Immerhin hatte sich sogar ihr Verlobter von ihr abgewandt. Elisabeth tröstete ihre Cousine. Die beiden Frauen verstanden sich prächtig und als Maria nach längerer Zeit wieder zurückkehrte, stand tatsächlich Josef wieder vor ihrer Tür. Jetzt ahnte sie bereits, dass alles gut werden würde.
Als Marias Schwangerschaft im fortgeschrittenen Stadium angekommen war, beschloss der Kaiser in Rom, das jüdische Volk zu zählen. Deshalb schickte er Herolde aus. Diese Römer standen an allen Ecken und riefen mit lauter Stimme: „Alle Menschen müssen in den Ort zurückkehren, in dem sie geboren wurden und sich dort in eine Liste eintragen lassen. Das ist notwendig, damit der Kaiser weiß, wie viele Menschen zu seinem Reich gehören.“ Für Maria und Josef bedeutete dies, dass sie zu einer beschwerlichen Reise aufbrechen würden, da sie sich in Bethlehem in die Liste eintragen lassen mussten. Josef musterte besorgt Marias Bauch. „Das gefällt mir gar nicht.“, murmelte er vor sich hin. Doch Maria wehrte lachend ab. „Ich bekomme ein Baby, deshalb bin ich doch nicht krank.“ Sie fühlte sich gesund und kräftig und hatte keine Angst davor, mit einem Baby im Bauch zu verreisen.
Trotzdem wurde es eine sehr beschwerliche Reise nach Bethlehem. Dort angekommen, wollte Maria eigentlich nur noch schlafen. Doch leider gab es keine einzige freie Herberge. Stattdessen schickte sie der Herbergswirt in einen Stall. Maria war so fertig, dass es ihr schon egal gewesen wäre. Allerdings setzten in dieser Nacht die Wehen ein. Maria bekam ihr Baby. Jesus Christus kam in dieser besonderen Nacht auf die Welt. Maria durfte ihr ganz persönliches Wunder im Arm halten und dazu das ganz besondere Wunder für die gesamte Welt. Denn Jesus Christus war zwar ihr Kind, doch Jesus Christus war auch der Sohn Gottes. Deshalb haben wir alle etwas von dieser ganz außerordentlichen Geburt.
                                        

Weitere Geschichten von mir gibts hier:
 Geheimnisvolle Märchen
Das geschah in Bethlehem 
Ausgewählte Weihnachtsmärchen

Donnerstag, 6. November 2014

Vorweihnachtliches Gedicht

Weihnachtssehnsucht

Abends dann im Dunkeln,
wenn Feen leise munkeln
und Elfen flüsternd wispern
überall geheimes Knistern
*
Dann fliegen die Gedanken
über alle hohen Schranken
sehen tausend Sachen
die Kinder glücklich machen
*
Unsre lieben Kleinen
sind lange auf den Beinen
sie wünschen sich so sehr
den Tag der Tage her

Ingrid Neufeld